Wann liegt eine Invalidität vor?
Invalidität liegt vor, wenn die körperliche und/oder geistige Leistungsfähigkeit der versicherten Person durch einen Unfall dauerhaft beeinträchtigt wird. Eine Beeinträchtigung gilt als dauerhaft, wenn sie voraussichtlich länger als drei Jahre bestehen wird und eine Änderung des Zustands nicht zu erwarten ist. Sie muss innerhalb einer bestimmten Zeit nach dem Unfall eingetreten sein und innerhalb eines weiteren bestimmten Zeitraums nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt und bei der privaten Unfallversicherung geltend gemacht worden sein. Die genauen Fristen können variieren, da jeder Versicherer diese selbst festlegt.
Wonach richtet sich der Invaliditätsgrad? - Die Gliedertaxe
Der Invaliditätsgrad richtet sich nach dem Wert, der in der Gliedertaxe aufgeführt ist. Sie ist Basis der Leistung in der privaten Unfallversicherung. Die Gliedertaxe beschreibt in einer Tabelle die körperliche Beeinträchtigung in Prozent. Die Prozentzahl ist davon abhängig, welches Körperteil wie stark eingeschränkt ist. Je höher der Invaliditätsgrad, desto mehr Geld zahlt die Unfallversicherung dem Geschädigten.
Wer stellt die Invalidität fest?
Der erstbehandelnde Arzt oder der Hausarzt ermitteln den Invaliditätsgrad des Geschädigten. Es besteht die Möglichkeit, dass der Versicherer einen unabhängigen Gutachter für eine Zweitmeinung heranzieht. Sowohl der Versicherte als auch der Versicherungsnehmer haben nach den Richtlinien des GDV ein Recht auf jährliche Folgeuntersuchungen.
In welcher Höhe sind die Körperteile abgesichert?
Gliedertaxen und Invaliditätsgrade können variieren und sind bei jeder privaten Unfallversicherung unterschiedlich. So kann der Verlust einer Hand bei einem Anbieter mit 55 % berechnet werden, während ein anderer eine Bemessung von 75 % heranzieht.
Allerdings existiert eine Standardgliedertaxe des Gesamtverbands der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), nach der sich viele Basistarife der Unfallversicherungen richten:
Gliedertaxe AUB Stand 2014:
- Arm im Schultergelenk 70 %
- Arm bis oberhalb des Ellenbogengelenks 65 %
- Arm unterhalb des Ellenbogengelenks 60 %
- Bein über Mitte des Oberschenkels 70 %
- Bein bis zu Mitte des Oberschenkels 60 %
- Bein unterhalb des Knies 50 %
- Bein bis zur Mitte des Unterschenkels 45 %
- Fuß im Fußgelenk 50 %
- Gehör auf einem Ohr 30 %
- Geschmacksverlust 5 %
- Zeigefinger 10 %
- Daumen 20 %
- anderer Finger 5 %
- eine große Zehe 5 %
- eine andere Zehe 2 %
- Auge 50 %
- Geruchsverlust 10 %
- Hand im Handgelenk 55 %
Wie berechnet sich die Invalidität bei teilweiser Funktionsunfähigkeit und Teilverlust?
Ein Unfall kann eine teilweise Funktionsbeeinträchtigung hervorrufen. Diese kann sich beispielsweise durch verletzte Nerven äußern, die einen Arm teilweise funktionsunfähig machen. In diesem Fall wird der vollständige Invaliditätsgrad nicht anerkannt. Die Prozentzahl der Invalidität berechnet sich dann anhand eines medizinischen Gutachtens, das von einem Arzt angefertigt wird. Stellt dieser fest, dass der Arm zu 20 % beeinträchtigt ist, werden laut ABU-Gliedertaxe 20 % von 70 % berechnet. Dies ergibt einen Invaliditätsgrad von 14 %.
Wie berechnet sich der Invaliditätsgrad, wenn mehrere Körperteile betroffen sind?
Die Prozentzahlen der betroffenen Körperteile werden zusammengerechnet. Eine Invalidität kann allerdings maximal 100 Prozent betragen und nicht mehr.
Wie kann ich die Leistung der Unfallversicherung erhöhen?
Viele private Unfallversicherungen sind mit einer Progression ausgestattet. Sie erhöht, ab einem bestimmten Invaliditätsgrad, die versicherte Leistung.
Eine Unfallversicherung kann grundsätzlich mit oder ohne Progression abgeschlossen werden. Ohne besteht der Tarif lediglich aus der sogenannten Grundsumme. Wer eine Grundsumme von 100.000 Euro vereinbart hat und durch einen Unfall eine Invalidität von 50 % erleidet, erhält 50.000 € vom Versicherer. Bei einer Unfallversicherung mit Progression erhöht sich die Leistung ab einem Invaliditätsgrad von über 25 Prozent.
Invaliditätsleistung des DFV-UnfallSchutz
Der DFV-UnfallSchutz leistet bereits ab einem Invaliditätsgrad von 1 %. Führt ein Unfall der versicherten Person zu einem Invaliditätsgrad von mindestens 80 %, so erhöht sich die Invaliditätsleistung sogar um den vereinbarten Betrag. Während andere Unfallversicherungen den Verlust eines Arms lediglich mit 70 % Invalidität bemessen, gelten bei der DFV 100%.
Gliedertaxe der Deutschen Familienversicherung:
- Arm 100 %
- Arm oberhalb Ellenbogengelenk 100 %
- Arm unterhalb Ellenbogengelenk 100 %
- Hand 90 %
- Daumen 45 %
- Zeigefinger 30 %
- Anderer Finger 20 %
- Bein über Mitte Oberschenkel 100 %
- Bein bis Mitte Oberschenkel 100 %
- Bein unterhalb Knie 100 %
- Bein bis Mitte Unterschenkel 100 %
- Fuß 70 %
- Großer Zeh 20 %
- Andere Zehe 10 %
Sinnesorgane
- Stimme 100 %
- Auge 70 %
- Gehör auf einem Ohr 50 %
- Geruchssinn 25 %
- Geschmackssinn 25 %
Organe
- Niere 30 %
- beide Nieren oder zweite Niere, falls eine Niere schon verloren war 100 %
- ein Lungenflügel 50 %
- Zwölffinger-, Dünn-, Dick-, Enddarm je 30 %
- Magen 20 %
- Leber 20 %
- Bauchspeicheldrüse 20 %
- Milz 20 %
- Gallenblase 20 %
Wie berechnet der DFV-UnfallSchutz die Leistungen nach der Gliedertaxe?
Sind mehrere Körperteile oder Sinnesorgane durch den Unfall beeinträchtigt, werden die ermittelten Invaliditätsgrade zusammengerechnet. Erleidet ein Betroffener beispielsweise den Verlust eines Daumens sowie eines anderen Fingers addieren sich die Prozentsätze. Der Daumen wird mit 45 % berechnet, der Zeigefinger wiederrum mit 30 %. Es liegt also eine Gesamtinvalidität von 75 % vor.
Was ist mit Beeinträchtigungen, die nicht in der Gliedertaxe aufgelistet sind?
Für Körperteile, Organe oder Sinnesorgane, die nicht in der Gliedertaxe aufgeführt sind, richtet sich die Berechnung der Invalidität danach, in welchem Umfang die normale körperliche oder geistige Leistungsfähigkeit insgesamt dauerhaft beeinträchtigt ist. Maßstab ist eine durchschnittliche Person gleichen Alters und Geschlechts. Die Bemessung erfolgt nach medizinischen Gesichtspunkten. Ein ärztliches Gutachten ist hier maßgebend für den Prozentsatz der Invalidität.
Checkliste: Darauf sollten Sie bei einer privaten Unfallversicherung achten!
- Ausreichende Versicherungssumme - je höher, desto besser!
- Progression - sie kann die Leistung der Versicherung im Schadensfall erhöhen, vor allem bei einem hohen Grad der Invalidität.
- Die zugrundeliegende Gliedertaxe - sie sollte mindestens auf dem Niveau der GDV-Richtlinien sein. Eine verbesserte Gliedertaxe ist von Vorteil.
- Todesfallleistung- diese sollte im Tarif inbegriffen sein.
Alle Angaben ohne Gewähr.
Unsere Autorin: Karina Unruh studierte in Frankfurt Germanistik und ist seit 2017 im Versicherungswesen tätig. Sie unterstützt das Redaktionsteam rund um unsere Ratgeber bereits seit mehreren Jahren und vereint auf diese Weise ihre Leidenschaft zum Schreiben mit versicherungsspezifischem Wissen und Expertise im Gesundheitswesen. |